Symptome + Diagnose

Tetanus ist umgangssprachlich als Wundstarrkrampf bekannt und kommt sowohl beim Menschen als auch bei vielen Tierarten vor. Bei Hunden und Katzen tritt die Erkrankung sehr selten auf im Vergleich zum Menschen oder anderen Tierarten wie z.B. Pferde. Klassischerweise gibt es zwei Formen von Tetanus: Die fokale oder multifokale und die generalisierte Form. In den meisten Fällen tritt beim Hund die generalisierte Form auf, während es bei Katzen öfters zur fokalen Form kommt.

Die Diagnose beider Formen ist meist nur anhand der klinischen Symptome möglich. Da es sich um einen progressiven, das heißt schlechter werdenden Verlauf handelt, nehmen die Symptome zu Beginn im Krankheitsverlauf zu und werden immer deutlicher sichtbar, bevor sie nach einigen Wochen langsam besser werden.

Typische Symptome der generalisierten Form sind kontinuierliche Muskelkontraktionen/Muskelkrämpfe der Extensoren am ganzen Körper. Dies führt zu einer allgemeinen Steifheit, einem steifen Gang und macht eine Beugung (eigenständig oder manuell) der Gelenke sehr schwer bis unmöglich. Oft kommt auch eine Unfähigkeit das Maul vollständig beziehungsweise im Verlauf überhaupt zu öffnen hinzu. Typisch ist auch eine Verschlechterung der Muskelkontraktion durch Stimulation wie zum Beispiel Licht, Geräusche oder Berührungen.

Klassischerweise tritt bei dieser Erkrankung ein Risus sardonicus, das sogenannte „Teufelsgrinsen“, auf. Es zeichnet sich beim Hund durch aufgestellte, nach hinten gezogene Ohren, eine in Falten gezogene Stirn und nach hinten gezogene Lidspalten aus. Spätestens bei diesem Symptom sollte umgehend an eine Tetanus-Erkrankung gedacht werden.

Im weiteren Verlauf kommt es durch die fortbestehende Muskelkontraktion zur Seitenlage und Unfähigkeit aufzustehen sowie Atembeschwerden. Ein sehr kritischer Punkt bei dieser Erkrankung ist ein Überhitzen der Tiere, eine sogenannte Hyperthermie. Durch die anhaltenden Muskelkontraktion steigt die Körpertemperatur teilweise sehr schnell und sehr stark an, was einen lebensbedrohlichen Zustand darstellt. Zudem können Schluckbeschwerden (Dysphagie), verstärkte Salivation und Atembeschwerden (Dyspnoe) auftreten. Auch Harn- und Kotabsatzbeschwerden (fehlender Absatz) können beobachtet werden.

Insgesamt handelt es sich bei jeder generalisierten Tetanuserkrankung um einen potenziell lebensbedrohlichen Zustand und erfordert daher möglichst frühzeitige, intensive tierärztliche Behandlung.

Bei Katzen tritt im Gegensatz zum Hund oft eine fokale Form von Tetanus auf, die sich meist durch Steifheit und dadurch bedingte Lahmheit einer Gliedmaße darstellt. Die Symptome sind auf die Körperregion beschränkt, in der sich die Eintrittswunde befindet. Meisthandelt es sich nicht um einen lebensbedrohlichen Zustand, allerdings kann diese Form in einen generalisierten Zustand übergehen.

Ursache

Tetanus wird durch das Toxin des Bakteriums Clostridium tetani ausgelöst. Bei Hunden und Katzen handelt es sich meist um eine Wundinfektion mit diesem Bakterium, dessen Sporen ubiquitär in der Umwelt vorkommen. Eine Infektion kann zum Beispiel bei einer Krallenverletzung oder auch einem abgebrochener Zahn mit eröffneter Pulaphöhle entstehen. Clostridium tetani ist ein anaerob wachsendes Bakterium, das heißt, die Sporen des Bakteriums keimen unter Ausschluss von Sauerstoff aus und das Wachstum der Bakterien findet ebenfalls unter Ausschluss von Sauerstoff statt. Oft sind die Wunden daher schon in Abheilung oder teilweise gar nicht mehr sichtbar, wenn die ersten klinischen Anzeichen von Tetanus auftreten.

Die Bakterien produzieren im Bereich der Wunde das Toxin Tetanospasmin. Dieses gelangt über einen retrograden Transport durch die Nerven vom Ort der Wunde zum Rückenmark sowie zum Hirnstamm. Dort blockiert es die Freisetzung des Neurotransmitters aus den Renshaw-Zellen. Hierbei handelt es sich um inhibitorische – bremsende - Interneuronen, welche bei gesunden Tieren eine Übererregbarkeit der motorischen Nerven verhindern. Durch die Blockierung dieser inhibitorischen Nervenzellen kommt es zu einer unkontrollierten Aktivierung der motorischen Nerven und löst damit die konstante Muskelkontraktion und Übererregbarkeit aus.

Insgesamt sind Hunde sehr wenig anfällig für Tetanus, da sie sehr resistent gegen das Tetanustoxin sind. Aus diesem Grund steht zur Zeit kein Impfstoff als Prophylaxe für Hunde zur Verfügung. Tetanus bei Katzen tritt noch seltener auf, da diese noch weniger vulnerable dafür sind als Hunde, sodass auch hier kein Impfstoff zur Verfügung steht.

Therapie

Leider gibt es aktuell keine Therapie, um das gebundene Tetanustoxin von den Renshaw-Zellen im Rückenmark zu entfernen.

Daher sind die zwei Ziele der Tetanus-Therapie wie folgt:

  1. Zum einen soll die weitere Produktion von Tetanospasmin und somit die Blockierung von weiteren Renshaw-Zellen im Rückenmark verhindert werden.
  2. Zum anderen soll durch gezielte medikamentelle und pflegerische unterstützende Maßnahmen die Zeit überbrückt werden, bis das Tetanospasmin abgebaut ist und sich die Muskelkontraktionen wieder lösen. Dies dauert allerdings oft mehrere Wochen.

Zum 1. Punkt:
Wenn die Eintrittspforte bekannt ist oder auf Grund einer bestehenden Wunde vermutet wird, sollte die Wunde umgehend chirurgisch gesäubert und versorgt werden, um die Clostridienzahl zu minimieren. Sollte eine Zahnfraktur als Ursache vermutet werden, ist eine Zahnextraktion angeraten. Zudem wird mittels Antibiotikagabe eine weitere Vermehrung der Bakterien verhindert. Auch die Gabe eines Tetanusserum, welches Tetanusantitoxin enthält, wird empfohlen, um die Menge des Toxins im Bereich der Wunde sowie Blut- und Lymphbahnen zu reduzieren. Tetanustoxin, welches sich bereits im zentralen Nervensystem befindet, kann durch das Tetanusserum allerdings nicht neutralisiert werden. Aus diesem Grund kann mit den genannten Maßnahmen keine Heilung bzw. Verhinderung der Symptome erfolgen.

Zum 2. Punkt:
Hauptziel ist es, die Muskelkrämpfe zu kontrollieren und zu reduzieren, um einen daraus resultierenden lebensbedrohlichen Zustand zu vermeiden. Da jegliche Reize wie z.B. Licht, Geräusche und Berührungen den Zustand akut verschlechtern können ist eine leise, reizarme Unterbringung in dunklen Räumen und zusätzliche dauerhafte Sedierung unbedingt erforderlich, um die Reaktion auf Umwelteinflüsse zu minimieren. Zudem werden mit Hilfe der Gabe von Muskelrelaxantien die Muskelkrämpfe reduziert. Auch die Gabe von Schmerzmitteln ist angeraten. Diese Maßnahmen bedeuten jedoch, dass das Tier weder spazieren noch selbstständig fressen kann und darf. Aus diesem Grund ist eine intensive Versorgung erforderlich, die unter anderem folgende

Maßnahmen umfasst: - Magensonde zu Fütterung - Infusion zur Flüssigkeitsversorgung und Medikamentengabe - Harnkatheter für einen hygienischen Urinabsatz - Spezielles, weiches Bett und regelmäßiges Umlagern, um Dekubitusstellen/Druckstellen zu vermeiden Auch eine regelmäßige Überwachung der Vitalparameter insbesondere der Körpertemperatur sind wichtig, um Veränderungen und mögliche Verschlechterung frühzeitig zu erkennen und entsprechende Notfallmaßnahmen einleiten zu können. Diese Patienten benötigen daher eine sehr intensive Betreuung, die leider nur in wenigen Tierkliniken gewährleistet werden kann.

Im Verlauf der Heilung bessern sich die Symptome langsam, sodass nach einiger Zeit zum Beispiel wieder eine vorsichtige orale Fütterung erfolgen kann oder auch kurze Spaziergänge in Dunkelheit und Ruhe versucht werden können.

Prognose

Grundsätzlich handelt es sich bei einer generalisierten Form der Tetanuserkrankung um eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung. Desto früher die Symptome erkannt und dementsprechend eine Therapie frühestmöglich eingeleitet werden kann, desto besser sind die Heilungschancen. In den meisten Fällen ist ein längerer Klinikaufenthalt erforderlich und auch im Anschluss an die Entlassung nach Hause ist ein Fortführen der Maßnahmen (z.B. Schutz vor Licht, Geräuschen und Aufregung) für einige Wochen notwendig. Grundsätzlich sinkt die Überlebenschance, wenn die Atemmuskulatur betroffen ist oder die Patienten eine stark erhöhte Körpertemperatur zeigen, ohne dass dies zeitnah erkannt und adäquat gesenkt werden kann. Auch zeigen jüngere Tiere oft einen schwereren Krankheitsverlauf als ältere Tiere. Insgesamt kann es bis zur vollständigen Genesung mehrere Wochen bis Monate dauern, dennoch ist nach erfolgreicher Heilung keine signifikante Einschränkung der Lebensqualität zu erwarten.

In knapp der Hälfte der Hunde, die eine Tetanuserkrankung überleben, kommt es zu einer so genannten „REM Sleep Disorder“. Es handelt sich dabei um eine Schlafstörung, die in der REM-Schlafphase auftritt, und zu unkontrollierten Bewegungen im Schlaf führen kann. In den meisten Fällen verschwindet diese Problematik innerhalb des ersten Jahres nach Krankheitsbeginn von alleine, allerdings sollte die Verletzungsgefahr während dieser Zeit minimiert werden, z.B. keine erhöhten Schlafplätze, um ein Abstürzen zu vermeiden.

Eine fokale Form von Tetanus hat grundsätzlich eine bessere Prognose als die generalisierte Form. Katzen, die an einer fokalen Tetanusform erkranken, haben insgesamt eine gute Prognose. Über 90% der Patienten zeigen innerhalb von ca. 1 Monat wieder ein nahezu unauffälliges Gangbild.